Diese Arbeit über den Krieg und die Liebe ist aus
Texten aus der Zeit des zweiten Weltkriegs montiert.
Eine der recherchierten Textsorten sind Lieder, die
damals populär waren. In diesen Schlagern wird von allem
gesungen, was das Herz begehrt, nur vom gleichzeitig stattfindenden
Krieg ist nicht die Rede, denn vom Krieg sollten die Menschen ja
durch die Unterhaltungsindustrie abgelenkt werden.
Eine ganz andere Stimme spricht aus dem Tagebuch, in dem
eine Frau versucht, zu schreiben, was sie im Krieg erlebt. Sie ist
das Schreiben nicht gewohnt, und sie schreibt wie sie spricht und
versucht in Worte zu fassen, was sie nicht fassen kann, denn sie
schreibt über das Entsetzen, das durch den Bombenkrieg über
sie hereinbricht. ...
Das sind nur zwei Beispiele dafür, wie verschieden
Textfundstücke sein können, wie da im Textfortgang eine
Spannung entsteht, ein Bruch, wenn ein Fragment aus einem
Schlagertext mit einem Bruchstück aus einem Kriegstagebuch
zusammengefügt wird. ... Und so habe ich also den Sprecharten
aus den ersten Jahren meines Lebens nachgeforscht, den
Propagandastimmen, den manipulierten Kriegsberichten, den
faschistischen Liedern undsoweiter, all diesen verschiedenen Arten zu
sagen, wie die Wirklichkeit nicht ist, und die am Beginn meines
Lebens zu hören waren, als ich gerade sprechen lernte. ... Diese
Stimmen sind noch irgendwo in mir, dachte ich, und ich wollte sie
kennenlernen, ich mußte mit ihnen arbeiten. So ist dieses Buch
entstanden ...
(Aus dem Vortrag: Der Text als Partitur. Die vielen Stimmen in „Emilia
gerät in die Kriegswirren oder O der neue Tag“)